„Natur vor der Haustür“ - Im Jügesheimer Feld, zwischen Wasserturm und „Russenhütte“
Einführung der GRAUSPECHTE
Die Abendwanderung des NABU Rodgau führte durch die Flur und entlang des Waldrandes östlich des Wasserturmes.
Klaus Benedickt vom NABU Rodgau veranschaulichte 21 Teilnehmer:innen Aspekte über Artenschutz in der Kultur- und Agrarlandschaft. In der abwechslungsreichen Landschaft östlich der B45 findet man neben Acker- und Wiesenflächen auch Streuobstwiesen, Baum- und Gehölzinseln sowie Feuchtgebiete und ein Vogelschutzgehölz.
Wasserturm JügesheimAusgangspunkt war der Wassserturm in dem seit etlichen Jahren ein Turmfalkennest besetzt ist.
Die gelungene Ansiedlung der Falken kann als erfolgreiche Artenschutzmaßnahme angesehen werden.
Jedes Jahr gibt es erfolgreiche Bruten.
NSG Nehlsee
NSG Nehlsee
Wiesensalbei, salvia pratensis
kleiner Sauerampfer, rumex acetosella
Raue Nelke, dianthus armeria
Besonderes Interesse rief der Nehlsee hervor, der mit dem vorgelagerten Trockenrasen und dem Übergang zu den Teichen, ein artenreiches Biotop darstellt. In diesem Lebensraum blüht u.a. der Wiesensalbei, die Heidenelke und die Sumpfkratzdistel. In den trockeneren Flächen breitet sich der rötlich blühende kleine Sauerampfer flächig aus. Die kleine Goldschrecke und Tagfalter, wie der kleine Heufalter, zeigen sich hier.
kleiner Rohrkolben, typha minimaIn den Teichen wächst der schmalblättrige Rohrkolben. Die fehlende Feuchtigkeit ließ die in den Nasswiesen übliche Blühvielfalt noch vermissen.
Waldbock, spondylis buprestoides
Ameisen-Sackkäfer clytra laeviuscula
Distelfalter, vanessa carduiZwei Käfer und ein Tagfalter konnten erspäht werden.
Ackerrandstreifen
Gräsergemeinschaft
wolliges Honiggras, Glatthafer
gewöhnl. Ruchgras und Große BibernelleAn den Feldrändern stehen Grasgemeinschaften hoch an. Hier finden Pflanzengemeinschaften wie das wollige Honiggras, die weiche Trespe.
Wiesen Labkraut, galium album
Echte Kamille, matricaria chamomillaKräuter wie die echte Kamille und das Wiesen-Labkraut finden hier den Rückzugsraum in der Agrarlandschaft. Daher haben die Randstreifen am Feld einen hohen ökologischen Stellenwert.
Streuobstwiese
Entlang des Weges
Steinkauzröhre
Vorbei an Streuobstwiesen erreichten wir den Waldrand hinter der Reitanlage. Etliche Vogelnistkästen wurden wahrgenommen, u.a. eine Steinkauzröhre, die in den Streuobstwiesen verteilt, das Überleben dieser Kleineulenart sichert. Die Eulen AG des NABU Rodgau ist auch hier aktiv gewesen. Aspekte des Vogelschutzes, insbesondere die zurück gehenden offenen Ackerflächen, als Brutfläche für die inzwischen wenig an zu treffende Feldlerche, wurden thematisiert.
Kornblumenfeld
KornblumeEin mit Kornblumen durchsetztes Gerstefeld funkelte in der Abendsonne. Es fällt auf, daß immer wieder Getreidefelder mit Blühpflanzen wie Kornblume oder Roter Mohn durchsetzt sind. Durch den Fruchtwechsel ist das Feld aber kein Dauerstandort für Blüher, die „Farbkleckse“ eher etwas für die Optik.
Über den Hainhäuser-Seligenstädter Weg, ging es zu den Wiesen auf der Flur „Die Eichenstauden“.
Windwurf am Oberwald
Blick auf WindwurfDer Windwurf von 2018 ergrünt wieder aber nur durch die sich ausbreitende Traubenkirsche. Sie ist ein Futterstrauch für Wildvögel, wenn sie aber überhand nimmt, dann wird sie im Forst ungern gesehen. Viele trockene Kiefern stehen entlang der Fläche.Die Aufforstung wurde eingeleitet aber die Fläche zeugt im Moment noch von derextremen Wucht des Sturms. Der Klimawandel wird hier konkret anschaulich.
Waldgeissblatt, lonicera periclymenum
Frauenfarn, athyrium filix-feminaVorbei an den wieder ergrünten Pappeln des Feuchtgebietes „In den Meisenseen“, hörten wir den Ruf des Kuckucks und bestaunten die filigrane Blüte des Waldgeißblattes, das sich an einem Ginsterstrauch festgewickelt hat. Frauenfarn, blühende Brombeeren, Ginster und die Knoblauchrauke, die Nektarpflanze des Aurorafalters, begrenzen den Wegrand.
Auf den Wiesen vor dem Wald entdeckten wir ein äsendes Reh und zwei Feldhasen reckten ihre Löffel aus dem hohen Gras empor. Ein seltener Anblick für den sechsjährigen Schüler, der mit seiner Mutter die Gruppe begleitet.
SchwarzkehlchenAn einem Gehölzstreifen hörten wir dem Schwarzkehlchen, auf hoher Warte sitzend, beim Abendgesang zu. Eine außergewöhnliche Sichtung, da sich diese Vogelart eher selten in dieser Flur zeigt.
Blick zum Vogelschutzgehölz
Auch die Nachtigall bot am Vogelschutzgehölz „Russenhütte“ eine kurze Gesangsdarbietung. Sie ist in den letzten Jahren oft in der Gemarkung zu hören. Sie besiedelt gerne die Gehölzstreifen in der Flur. Der im Gehölz versteckte Teich führt sogar noch Wasser. Als Vogelschutzgebiet ausgewiesen, sollte man die Fläche aber besser nicht betreten.
Zur Vogelzugzeit ist das Gehölz als Rastplatz für ziehende Singvogelarten beliebt. Es halten sich dann auch eher seltene Vogelarten wie Pirol, Sumpfmeise, Zaunkönig und auch mal ein Wachholderdrosselschwarm hier auf. Graureiher und Storch kommen oft an die Wiesen vor dem Gehölz um Insekten oder Mäuse zu jagen. Auch wenn einige beliebte Vogelarten zu hören waren, so waren die Sichtungen insgesamt eher gering.
In der ehemaligen Feldbrandstelle „Russenhütte“ brannte man bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts Backsteine („Russen“), die in etlichen Häusern der Schwesternstrasse in Jügesheim verbaut wurden. Die Giebel mit den lackierten Steinen sind eine bauliche Besonderheit.
Auswirkungen des Klimawandels, z.B. Folgen durch die mangelnde Feuchtigkeit im Boden, wurde durch eine in Betrieb befindliche Bewässerungsanlage an einem Kartoffelfeld sichtbar. Der zu geringe Niederschlag macht die Nutzung der Grundwasservorkommen erforderlich. Das Gebiet wurde schon vor langer Zeit durch Trockenlegungsmaßnahmen zur Gewinnung von Agrarflächen beeinflußt. So ist der Keberngraben als einzige Entwässerungslinie in westliche Richtung übrig geblieben. Der Verlauf wurde im Siedlungsgebiet kanalisiert.
Das Spannungsfeld von Agrarlandschaft und Artenvielfalt war präsent. Die Gefährdung und Erhaltung von Rückzugsräumen einheimischer Wildpflanzen wieGräser und Sträucher, wurden an Weg- und Waldrändern verdeutlicht. So konnten die Teilnehmer:innen konnten aus ihrer Wahrnehmung Aspekte des Artenschutzes, in positiver wie auch negativer Hinsicht, nachvollziehen.
AbendstimmungBevor es zurück zum Wasserturm ging, bot der Sonnenuntergang hinter dem Jügesheimer Wahrzeichen noch ein besonderes Lichtspiel. Die abendliche Stimmung unterstrich, wie wichtig eine artenreiche Landschaft für Mensch und andere Lebewesen ist.
Fotos: Klaus Benedickt, Birgit Emig, Hans Schwarting