GRAUSPECHTE zum NSG Hergershäuser Wiesen/Münster

Einen festen Platz in der Liste der öfter besuchten NSG hat das Gebiet der Hergershäuser Wiesen bei Münster. 15 Grauspechte konnten wieder auf gute Sicht bauen, denn die Sonne schien hell und klar, dazu wehte ein frischer Wind. Wir begrüßten zwei neue Teilnehmerinnen, Gudrun und Friederike und gedachten in einer stillen Minute dem verstorbenen Luis.

Die Grünlandaue besteht aus zwei Teilen, den Hergershäuser Wiesen/NSG „Auf dem Sand“ und das NSG “Die kleine Qualle“, ein Areal aus Feuchtwiesen und kleinen Wasserflächen, die von breiten Schilfgürteln umrandet sind.Hinzu kommt noch das vor wenigen Jahren angelegte Bodenbrüter-Schutzgebiet nahe der Gersprenz im Norden.

Blick auf die Teiche Auf dem Sand IMG 0009Blick auf die Teiche "Auf dem Sand"Zuerst suchten wir die Beobachtungshütte auf, denn die Frage, welche Zugvögel sich am Teich zeigen, sorgte auch diese Jahr für Spannung. Leider waren nur wenige Arten vor Ort. Einige Stockenten (anasplatyrhynchos), Nilgänse (alopochen aegyptiacus) und zwei Schnatterentenpaare (mareca strepera) gründelten zusammen auf dem hinteren Teich.

 

 

 

 

 

 

 

800px Schnatterente anas streperaSchnatterenteSchnatter StockentenIMG 0006Schnatter- und StockentenDie Brutgebiete der Schnatterente verlaufen von ganz Nordeuropa über Asien bis Nordamerika. In Mitteleuropa ist sie weniger häufig verbreitet als dort.

In Deutschland ist die Schnatterente ein regelmäßiger Brutvogel des Küstenhinterlandes der Nord- und Ostsee. Häufigkeit und Bestandsdichte zeigen in Norddeutschland eine Zunahme von Westen nach Osten. 

Das Männchen hat im Prachtkleid einen schwarzen Schnabel, fein grau und braun gemustertes Gefieder und einen hellen, fast weißen Bauch. Das Prachtkleid ist damit etwas schlichter gefärbt als bei Erpeln anderereuropäischer Gründelenten. Im Gegensatz zur Stockente fehlt die Farbe grün im Federkleid. Außerhalb der Balz gleicht sich das Federkleid von Erpel und Ente. Im Flug sieht man charakteristische weiße Streifen auf der Oberseite der Flügel.

 

Die Weibchen der Schnatterenten ähneln sehr denen der Stockente. Sie sind insgesamt jedoch etwas graziler. Sicheres Unterscheidungs-merkmal sind der kurze und hell orange-gelbe Schnabel sowie das weiße Kinn und die Kehle. Das Rufrepertoire der Schnatterente ähnelt sehr dem der Stockente. Die Männchen balzen gemeinschaftlich und lassen dabei ein rau nasales „ärp“ oder „träp“ hören, das sehr an die Rufe der Stockerpel erinnert.Charakteristisch für die Weibchen sind „rääk-rääk-rääk“-Rufreihen, die sowohl in der Tonhöhe als auch in der Lautstärke abfallen. Auch dieser Ruf findet sich in ähnlicher Form bei Stockentenweibchen.

 

Graureiher ardea cinerea IMG 0014Graureiher Graureiher ardea cinerea IMG 0014Graureiher im FlugEin Graureiher (ardea cinerea) spähte auf der Wiese hinter dem Teich nach Insekten.Sie nisten im Osten in den Pappeln am Semme-Bach. Eine junge Nutria (myocastor coypus) wechselte ständig zwischen Wiese und Wasserfläche und war daher schwer zu fotografieren.

 

 

 

 

 

 

Wir setzen unseren Weg über die westlichen Wiesen fort und erreichten die imposanten Schilfgürtel am NSG „Die kleine Qualle“.

Schilfgürtel und Weiden im Gebiet Kleine Qualle IMG 0104SchilfgürtelIMG 0049SchilfgürtelIMG 0085Schilfgürtel

 

 

 

 

 

 

 

Richard bestimmt das Schilf IMG 0042Richard bestimmt das SchilfGewöhnliches Schilf phragmites australis IMG 0129Gewöhnliches SchilfIMG 0130Gewöhnliches Schilf

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das gewöhnliche Schilf ist ein Rispengras. Der rispige Blütenstand kann bis zu 50 Zentimeter lang werden. Phragmites australis ist windblütig vom „langstaubfädigen Typ“. Die Blütenährchen enthalten am Grunde männliche, darüber zwittrige Blüten. Die vegetative Vermehrung erfolgt in starkem Maße durch die bis zu 20 Meter langen Wurzelausläufer sowie durch niederliegende, sich an den Knoten bewurzelnde Halme (Legehalme). Die Blütezeit reicht von Juli bis September.

Ganze Schilfbestände stellen oft nur eine einzelne Pflanze dar. Im Donaudelta fanden Fachleute Pflanzen, deren Alter auf etwa 8000 Jahre geschätzt wurde. Große Schilfbestände bieten zahlreichen Vögeln Schutz. In „der kleinen Qualle“ wurden auch schon Blaukehlchen gesichtet.

 

Hildgard und Gudrun vor der Orchideenwiese IMG 0041Fachgespräch vor der OrchideenwieseEine Wiese zwischen den Schilfbeständen ist der Standort des Breit- blättrigen Knabenkrautes (dactylorhiza majalisin). Die heimische Orchideenart war natürlich schon verblüht und durch die letzte Mahd auch im Kraut nicht mehr zu erkennen. 

 

 

 

 

 

 

 

 

Feldgrille gryllus campestris IMG 0066Feldgrille221102 005 Feldgrille gryllus campestrisFeldgrilleAuf dem Weg nach Norden erspähten wir eine Feldgrille gryllus campestris), die einen sonnigen, aber gefährlichen Platz eingenommen hatte. Mitten auf dem Wirtschaftsweg ließ sie sich ausgiebig beobachten und fotografieren.

Gryllus campestris liebt warme, sonnige und trockene Hänge, Wiesen, Kiesgruben und Heiden sowie lichte Kiefernwälder. In Süddeutschland ist die Feldgrille häufiger als in Norddeutschland, wo sie in einigen Bundesländern in einer Gefährdungskategorie der Roten Liste geführt wird. Die Tiere graben 10 bis 20 cm tiefe und zirka 2 cm breite Röhren in die Erde. Die Feldgrille ist ein Allesfresser, nimmt aber überwiegend pflanzliche Nahrung auf. Sie fressen aber auch kleine Bodentiere und deren Kadaver.

Feldgrillen springen verhältnismäßig selten und dann nur kurze Strecken; sie sind aber flinke Läufer. Schwerfällig fliegen kann sie jedoch im Normalfall nicht. Die Feldgrille verfügt über eine hochentwickelte akustische Kommunikation, die sich auf differenzierte Laut- und Gehörorgane stützt. Nur die geschlechtsreifen Männchen sind zu Lautäußerungen fähig, die als Gesang, Zirpen oder Stridulation (… von latein. stridulus = schwirrend) bezeichnet werden. Die Geräusche werden erzeugt, indem Strukturen der Vorderflügel aneinander gerieben werden. Die Männchen singen vor allem nachmittags und abends vor ihrer Wohnröhre, deren Eingang sie so gestalten, dass die Akustik optimiert wird.

Wir schwenkten dann in östliche Richtung auf den Radweg ein und konnten auf den umliegenden Wiesen auch noch eine stattliche Zahl an Blühpflanzen erkennen.

 

Kohldistel cirsium oleraceum IMG 0059KohldistelDie Kohl-Kratzdistel (cirsium oleraceum) ist ein Hemikryptophyt. Die Überdauerungsknospen liegen an der Erdoberfläche. Sie tritt manchmal massenhaft auf, denn sie wird durch Düngung und Nährstoffanreicherung im Boden gefördert. Allerdings ist sie keine wertvolle Futterpflanze, wird von Weidetieren eher verschmäht und ist auch zum Trocknen ungeeignet, da sie leicht zerbröselt. Sie ist ein Tiefwurzler und Düngungszeiger. Die Bestäubung erfolgt durch Insekten, z.B. Feuriger Perlmuttfalter, Zitronenfalter, Gammaeule und Hummeln. Sie ist ein Nektar- und Pollenspender von besonderem Wert.

Die Früchte erfahren eine Ausbreitung als Schirmchenflieger und Wasserhafter; auch eine Bearbeitungsausbreitung durch Finken, Meisen, Hänfling und Kreuzschnäbel findet statt.

 

 

 

 

Natternkopf IMG 0028Gewöhnlicher Natternkopf Natternköpfe (echium vulgare) haben einen hohen ökologischen Nutzen, da die Pflanze eine beliebte Nektarpflanze von Bienen und Hummeln ist. Die Gattung umfasst mehr als 60 Arten. Nur echium vulgare ist in Deutschland heimisch.

 

 

 

 

 

 

 

 

Wiesen Labkraut galium verum IMG 0084Wiesen-LabkrautWiesenflocken Blume centaurea jacea IMG 0075 Wiesenflocken-Blume

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wegwarte cichorium intybus IMG 0102Wiesen/WegwarteGrosser Wiesenknopf sanguisorba officinalis IMG 0081Großer WiesenknopfWeiße Lichtnelke (silene latifolia), Sumpf-Schafgarbe (achillea ptarmica) und Gewöhnlicher Hahnenfuß (ranunculus) wurden auch bestimmt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Käferraupe Art unbestimmt IMG 0048Käferraupe, Art unbestimmtEine dunkle Käferraupe, die wir nicht bestimmen konnten, bewegte sich quer über den Weg. Martin Schroth konnte uns den Unterschied zu einer Insektenraupe erklären. Bei den Käferraupen fehlen die Beinen in der Mitte des Körpers. Dadurch entsteht der der Ziehharmonika ähnliche Falteffekt im Körper. Die Hinterbeine schieben den Vorderkörper immer weiter vor und werden dann nachgezogen.

 

 

 

 

 

 

 

Hebewerk am Bodenbrüterschutzgebiet IMG 0094Hebewerk am BodenbrüterschutzgebietEin Blick rüber zum Bodenbrüter-Schutzgebiet läßt das Wasserhebewerk für die Vernässung des Kiebitzhabitates erkennen. Hier brüten inzwischen pro Jahr ca. 30 Paare. Die Eingrenzung des Habitates hat maßgeblich für die Zunahme der Population geführt. Außerhalb des Zauns sind die Jungvögel oft Beute des Fuchses.

 

 

 

 

 

 

 

Rudi informiert die Gruppe MG 0095Rudi informiert die GruppeAn der Entstehung dieses Geländes mit unterschiedlichen Vegetationsflächen war Hans Ulrich und Mitglieder des NABU Münster maßgeblich beteiligt. Eine Bank am Radweg erinnert an den Naturschützer. Er konnte zwischen Behörden, Gemeinde und Landwirten gute Kontakte knüpfen und in vielen Artenschutzfragen behilflich sein.

Bis zum heutigen Zustand war es allerdings ein langer Weg, beginnend Mitte der 70-er Jahre und die Vorstellungen von einem Naturschutzgebiet nahmen ab Mitte der 80-er Jahre Gestalt an. Viele Widerstände mußten allerdings auch überwunden und auch Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen von Flurbereinigungen vorgenommen werden. Schwerpunkt war am Anfang die Fokussierung auf typische Vögel der Feuchtwiesen und Wasserflächen.

Leider sind die Maßnahmen zum Erhalt des Habitats seltener Vögel, wie z.B. dem großen Brachvogel, (numenius arquata), Kampfläufer (calidris pugnax) oder Raubwürger(lanius excubitor), nicht erfolgreich gewesen. Die Vögel sind seit vielen Jahren nicht mehr im Gebiet zu sehen. Wie auch der Kiebitz bevorzugen Brachvogel und Kampfläufer feuchte Wiesen, die mit dem Klimawandel ja immer weniger entstehen oder immer länger trocken fallen.

 

221102 003 Große Heidelibelle sympetrum striolatumGroße_HeidelibelleHans Schwarting erwischte am Unterstand der Weidetiere eine Große Heidelibelle (sympetrum striolatum), die auf einem Brett ruhte.

Die Regenrückhaltefläche an der Gersprenz führt in regenreichen Jahren aber schon zu einer längeren Vernässung, was vorwiegend Wasser- und Watvögeln wie dem Reiher und Storch zu Gute kommen soll. Aber insgesamt haben die schon vor Jahrzehnten vorgenommenen umfangreichen Entwässerungs-maßnahmen in der Fläche den Charakter der Grünlandaue verändert.

Das Gelände ist auch ein interessantes Habitat nicht nur für Singvögel, wieSchafstelze(motacilla flava), Bachstelze (motacilla alba), Braun- (saxicol rubetra) und Blaukehlchen (luscinia svecica). Störche (ciconia alba) nisten mit ca 10 Brutpaaren regelmäßig in den Pappeln an der Gersprenz. In den angrenzenden Busch und Waldinseln brüten 3 Turmfalkenpaare (falco tinnunculus). Ein Paar war über den Wiesen intensiv auf der Jagd. Ein Graureiher wechselte immer wieder im Gelände den Standort. Ein Silberreiher (ardea alba) suchte zwischen einer Schafherde an der Gersprenz nach Insekten. … leider zu weit weg für ein Foto.

 

 

 

Brutwand der Uferschwalben IMG 0115Brutwand der UferschwalbenQuer über das Gelände, hin zum NSG „Auf dem Sand“, führte uns der Weg zu den Teichen, dem Rast- und Brutgebiet für Wasservögel. Beim Blick zu der Brutwand der Uferschwalben (riparia riparia), die schon gen Süden gezogen waren, sahen wir einen Feldhasen (lepus europaeus), der vor der Gruppe schnell das Weite suchte.

 

 

 

 

 

 

 

Teich mit Brutinsel IMG 0122Teiche mit BrutinselnTeich mit Brutinsel IMG 0122Teich mit BrutinselIMG 0125Teich mit Brutinseln

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

221102 007 Streuobstwiese hinter den Brutteichen Streuobstwiese hinter den BrutteichenHinter den Brutteichen steht eine imposante Reihe von Kopfweiden. Auf der Wiese davor halten Rudi´s Schafe die Grasnabe klein. Neben den naturschutzgerecht bewirtschafteten Wiesen, gibt es auch eine Streuobstwiese im Osten des Gebietes. Sie sorgt für eine große Artenvielfalt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Admrial vanessa atalanta IMG 0134AdmiralSeltsam, wie vor zwei Jahren auch, erwischten wir auf dem Rückweg, an der Sonnenseite der Hecke hinter den Brutteichen, noch einen Edelfalter, den Admiral (vanessa atalanta). Damals war es der kleine Feuerfalter (lycaena phlaeas).

 

 

 

 

 

 

 

 

Bachstelzen IMG 0137Bachstelzen4-6 Bachstelzen (motacilla alba) ließen sich auf dem geeggten Feld am Parkplatz nieder und ließen sich von uns lange beobachten. Auch eine Schwarm Feldlerchen (alauda arvensis) überquerte die umliegenden Felder und landete aber weiter entfernt. Auf dem bearbeiteten Feld waren sie dann nicht mehr zu erkennen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Gemeine Ochsenzunge anchusa officinalis IMG 0139Gemeine OchsenzungeDirekt am Strassenrand zeigte sich in voller Blüte die gewöhnliche Ochsenzunge (anchusa officinalis). Sie gehört zu der Familie der Raublattgewächse, ein Archäophyt, der sich in einer typischen, kontinentalen Klima- und Vegetationszone ausbreitet und das schon vor der neuenZeitrechnung beginnend. Seine Blütenblätter erinnern an die des Vergissmeinnicht. Sie heißt im Trivialnamen Liebäugel oder Blutwurz. In der Vergangenheit wurde sie auch als Heilpflanze verwendet.

Die landschaftliche Vielfalt der Hergershäuser Wiesen ist immer wieder eine Entdeckung wert. Beim nächsten Besuch werden wir der Gersprenz und den nord-westlich liegenden Gehölzen auch Aufmerksamkeit schenken. Vielleicht zeigt sich dort der Biber oder das Braunkehlchen.

 

 

 

 

Quellen:
© Textauszüge: Wipedia, wikimedia
Texte andere: Klaus Benedickt
© Fotos: Klaus Benedickt, Hans Schwarting, wikipedia