GRAUSPECHTE-Exkursion Botanischer Garten Frankfurt a.Main
Erhaltungskultur Pflanzenarten
Es gibt im Rhein Main Gebiet wohl kaum einen besseren Ort in dem man seltene bzw. vom Aussterben bedrohte Pflanzenarten finden kann, als im Botanischen
Garten in Frankfurt am Main. Hier werden Pflanzenarten gezüchtet, die aus verschiedenen Gründen in der Natur ausgestorben sind oder als verschollen gelten. Leider ist es der Mensch durch seinen Umgang mit der Natur selbst dafür verantwortlich. Allein in Hessen sind in den letzten 240 Jahren mehr als 149 Pflanzenarten ausgestorben.
Hainz Hänel begrüßt die GrauspechteDas Projekt „Erhaltungskulturen bedrohter Pflanzenarten“ macht daher die Erhaltung von 15 einheimischen Pflanzenarten zum Schwerpunkt. Diese sind auch in Hessen vor zu finden. Das wissenschaftliche Projekt soll über Aussaht, Aufzucht und Auswilderung der Pflanzen diese nicht nur erhalten sondern auch wieder in die angestammten Landschaftstypen zurückführen. 2016 wurde die erste Auswilderung vorgenommen. Bevorzugt werden die Pflanzen in Naturschutzgebieten ausgebracht.
Dabei handelt es sich u.a. um Sand-Silberscharte (jurinea cyanoides), zweifelhafter Grannenhafer (ventenata dubia) der Familie Süßgräser sowie die Sumpf Fetthenne (sedum villosum).
Sandsilber-Scharte, jurinea cyanoides
Zweifelhafter Grannenhafer, ventenata dubia
Sumpf Fetthenne, sedum villosum
Die Sumpf Fetthenne kommt in sickernassen Quellfluren, Flachmooren, Grabenrändern, sowie nährstoffarmen Mooren und Moorwäldern vor. Sie ist eine Pionierpflanze und meidet Kalk. In Hessen ist sie noch im Gebiet des Hohen Meißners sowie im Vogelsberg vereinzelt vor zu finden.
Drüsiger Ehrenpreis, veronica acinifolia Dass die Bemühungen nicht immer von Erfolg gekrönt sind, zeigt das Beispiel des Drüsigen Ehrenpreises (veronica acinifolia).
Das letzte Vorkommen der einheimischen Wildpflanze befand sich südöstlich von Gießen. Ein vom Botanischen Garten beauftragter Experte fand im Frühling 2015 eine einzige Pflanze und konnte noch zehn Samen sammeln. Der Standort hatte sich danach aber ungünstig verändert, Hilfsmaßnahmen kamen zu spät und waren vergeblich. Inzwischen ist die Population erloschen und die Art damit verschollen.Die Kultivierung der seltenen Pflanzen wird in Beeten, den Landschaftstypen entsprechend, vorgenommen: Moor-, Heide-, Kalk- und Sandbeet.
Inzwischen ist der Botanische Garten an den Palmengarten angegliedert, was dem Projekt sicher keinen Abbruch tut. Mitarbeiter:innen des Palmengartens waren an dem Tag schon früh im Garten tätig und mit dem „Frühjahrsputz“ beschäftigt.Unsere Exkursion, ein Tag vor dem internationalen Tag des Artenschutzes, hatte insofern auch noch einen ideellen und aktuellen Bezug. Wahrnehmung und Mitmachen sind ja nun auch die Tugenden des Naturschutzes.
Hainz Hänel, der im Botanischen Garten sein Berufsleben als Professor für Botanik verbrachte, konnte an seiner Wirkungsstätte Informationen aus erster Hand vermitteln. Sein Rundgang führte durch das in verschiedene Landschaftszonen aufgeteilte Areal.
Besonderes Interesse galt den Pflanzen die auch in Hessen einheimisch sind oder waren. Dazu gehören Pflanzenarten mit noch nie gehörtem Namen. Z.Bsp.:
Gewöhnliches Katzenpfötchen, antennaria dioica
Gewöhnliches Katzenpfötchen, antennaria dioica
Gewöhnlicher Diptam dictamnus albusDer Diptam (Dictamnus albus), auch Aschwurz, Spechtwurz oder Brennender Busch genannt, gehört zur Familie der Rautengewächse (Rutaceae). Diese giftige Pflanzenart steht seit 1936 unter Naturschutz; sie war schon damals eine Seltenheit in Mitteleuropa. Sie wurde, insbesondere deren Wurzeln, früher als Heilpflanze verwendet.
Bei viel warmem Wind trocknen die Früchte ein. Dabei reißen die Fruchtschalen auf, rollen sich ein und schleudern den kugelförmigen, etwa 4 mm kleinen Samen heraus. Man kann manchmal das Knallen der Früchte im Sommer hören. Die Samen können bis etwa fünf Meter weit weg geschleudert werden. Zur Reifezeit geben die Drüsen der Fruchtstände so viel ätherisches Öl mit zimtartigem Geruch ab, dass die Pflanze schon von weitem gerochen werden kann. Bei hohen Temperaturen verdunsten die Öle in so großer Menge, dass die Pflanze als „Brennender Busch“ angezündet werden kann.
Da nun die meisten Pflanzen noch im Winterschlaf waren, konnte man eher wenige Arten in ihrem natürlichem Aussehen erkennen. Kraut aus der letztjährigen Vegetationsphase war bei einigen Pflanzen noch vorhanden, ein Eindruck von der Wuchshöhe konnte man so bekommen.
Die rote Beschilderung läßt schon von weitem erkennen wo die gefährdeten Arten stehen. Es war schon erstaunlich wie viele rote Schilder, die die Zugehörigkeit zur roten Liste anzeigen, zu sehen waren.
Aber darüber hinaus ist der Bestand an weiteren Pflanzen typischer Vegetationszonendeutlich höher. Einige Beispiele (Fotos blühender Spezies sind z.T. aus dem Internet entnommen) dazu.
Sonniger Kalkhang
schaftlose Primel, primula vulgarisDie schaftlose Primel (primula vulgaris) ist als gefährdet eingestuft, die krausblättrige Silberdistel ist in Hessen ausgestorben (carlina acaulis).
krausblättrige Silberdistel, carlina acaulis
Gebirgsflora der subalpinen Stufe
In der subalpinen Zone
Latschenkiefer Hirschzunge Alpenrose Erica
Hauswurz (sempervivum montanum)
Salix, kriechende Weide (salix simulatrix)Steinbrechartige Pflanzen wachsen imposant auf nacktem Fels
und typische Gebirgsflora zeigte sich aber schon in ihrem Blütenkleid.
Europäisches Alpenveilchen cyclamen purpurascens (RL)
blaue Iris (iris reticulata)
BuchenmischwaldIm Buchenmischwald zeigten sich noch keine Blüher,
dafür aber am Sonnenhang vor dem Wäldchen.
Narzissenwiese
Rhododendron
Kornelkirsche, cornus mas
Auch Rhododendron und Kornelkirsche (cornus mas) waren bereits aufgeblüht.
Blick auf den SeerosenteichDer Garten und der angrenzende Grüneburgpark sind darüber hinaus noch ein beachtenswertes Vogelrevier in dem 49 Vogelarten bestimmt wurden. Darunter Trauerschnäpper (ficedula hypoleuca) , Birkenzeisig (acanthis flammea) sowie die Waldohreule (asio otus).
Krokuswiese im GrüneburgparkAuf dem Weg zum Mittagessen an der Bockenheimer Warte warfen wir noch einen Blick auf die leuchtenden Krokusflächen im Grüneburg Park.
Die Kultivierung der seltenen Pflanzen im Erhaltungsprojekt ermöglicht es so, bedrohte Arten zu kultivieren. Eine Besichtigung im Frühjahr, zur Blütezeit, sollte sich nochmal lohnen.
Vielen Dank an Manfred Eberhard für sein "tasting" selbst hergestellter Liqueure zum Anlass seines Geburtstages. Von allen nochmal alles Gute für das neue Lebensjahr.
(Quellen: Fotos: Klaus Benedickt, bing-Foto; Textauszüge: wikimedia.org, 2022,